Der deutschstämmige Pianist und Komponist Philipp Rüttgers ist seit 15 Jahren in der niederländischen Jazzszene aktiv. Auf seinem neuen Album „Etudes of Shapes and Forms“ ist er zum ersten Mal in einem akustischen Klaviertrio mit zwei führenden Instrumentalisten zu hören: Sun-Mi Hong am Schlagzeug und Thomas Pol am Kontrabass. Das Album wird am 1. März bei ZenneZ Records veröffentlicht und das Trio wird am 10. März im Bimhuis auftreten.
Philipp hat bereits mit Thomas und Sun-Mi in ihrem Projekt „Dance in Four Colors“ zusammengearbeitet. „Ich war angenehm überrascht von ihrer erstaunlichen Musikalität im Jazz und ihrer enormen Freiheit im Umgang mit der Musik. Ich wollte schon seit einiger Zeit ein Klaviertrio-Album machen, was ich bisher nicht getan hatte, und als ich Sun und Thomas hörte, war die Entscheidung schnell gefallen.“ Für dieses Album ließ sich Philipp von Pianisten/Komponisten wie Craig Taborn, Kris Davis und Sylvie Courvoisier inspirieren, wobei er sich hauptsächlich auf „Formen und Gestalten“ konzentrierte. Er erklärt: „Formen im Sinne von harmonischen und rhythmischen Strukturen und Formen im Sinne von Arrangements mit Bass und Schlagzeug und der Struktur von Improvisation und Komposition.“ Philipp teilt auch eine große Liebe zur zeitgenössischen Musik. Davon zeugen auch der Kompositionsauftrag, den er 2018 von North Sea Jazz erhielt, und das gleichnamige Album Twists. Photo by Jazmarae Beebe Diesmal studierte Philipp die Musik von György Ligetis Etüden „No4 Fanfares“, Arnold Schönbergs Klavierstück „Sehr Langsam“, die erste Komposition der „Fünf Klavierstücke“ Zyklus op. 23 und Claude Debussys Etüden „Pour les cinq doigts d'après Monsieur Czerny“ und „Pour les tierces“.„Ich fand das Studium der kompositorischen Konzepte hinter diesen Meisterwerken über die Verwendung von Harmonie, Kontrapunkt und Form, die Ästhetik, enorm inspirierend.Es ist eine Herausforderung, mein Spektrum an technischen, harmonischen und rhythmischen Möglichkeiten als Pianist und Komponist zu erweitern.“Philipp sagt, er habe sich in seinen Stücken auf Dichte und Dynamik konzentriert, um verschiedene Emotionen wie Freude, Aufregung oder Entspannung darzustellen.„Nicht nur in meinem Klavierspiel, sondern auch im Zusammenspiel mit Schlagzeug und Bass.“In seiner Komposition „Rounds“ verwendet Philipp zum Beispiel teilweise die gleiche Kompositionstechnik wie Ligeti in seiner „Fanfare“, um diesen atonalen, aber strukturierten Klang zu erzeugen.„Craigs Dance“ bezieht sich auf Craig Taborns starke linke Hand mit synkopierten Basslinien, um eine unvorhersehbare Vorwärtsbewegung zu erzeugen, während ‚Escher‘ auf Maurits Cornelis Eschers Werk ‚Relativity‘ verweist und die dimensionale Illusion in verschiedene Rhythmen übersetzt, die sich auf und ab bewegen.Obwohl die vier Improvisationen auf dem Album in diesem Moment komplett improvisiert sind, halten sie sich dennoch stark an eine Idee, eine bestimmte Form, um sich in die kompositorische Arbeit einzufügen.In diesen Improvisationen experimentierte Philipp auch mit Präparaten im Klavier (z. B. Magneten auf den Saiten, um einen gamelanartigen Klang zu erhalten, oder Papier für mehr Resonanz).Der Titel des Albums ergibt sich aus der Kombination all dieser kleinen Details zu einem Ganzen.
Auf der Suche nach einem bestimmten Sound landete Philipp bei Toningenieur Frans de Rond im Studio 2 des MCO (Music Center of Public Broadcasting) in Hilversum. Studio 2 ist das älteste Radiostudio der Niederlande, mit hohen Decken, natürlichem Nachhall und einem Steinway & Sons-Flügel. Das Trio nahm live und ohne Overdubs auf. Das Mastering wurde von Alistair Payne durchgeführt. Das Artwork des Albums ist eine Nahaufnahme des Gemäldes „Prater (Hauptallee)“ von Philipps verstorbenem Vater Ralph Klaus, alias Tom Fleischhauer. Fleischhauer, vertreten durch die Galerie Frey in Wien (AT), fotografierte Städte und öffentliche Plätze, projizierte sie auf eine Leinwand und zeichnete sie in einem pointillistischen Stil in Schwarz und Weiß. Das ferne und doch vertraute Gefühl, das die Zeichnungen hervorrufen, spiegelt sich auch in Philipps Musik wider und vermittelt dem Hörer einen Eindruck von Abstraktion und Vertrautheit.
Kunsthaus Troisdorf